Heimhämodialyse (HHD)

Mein Weg bis zur Heimdialyse verläuft auf vielen Umwegen und ist mit Hindernissen versehen. Ich versuche hier den Verlauf zu schildern:

Seit 10 Jahren werde ich in einem Dialysezentrum behandelt, um mit den Auswirkungen der chronischen Nierenerkrankung leben zu können. Das ist auch jetzt noch so, soll sich aber bis April 2020 ändern. Am Anfang dieser Zeit begegnete ich einem Patientenpaar, die gerade mit dem Training für die HHD befasst waren. Ich war in Schockstarre und habe zwar interessiert zugehört und Gespräche geführt, aber das dies eine Möglichkeit für mich wäre, war undenkbar.

„Es wäre gut wenn sie lernen sich selbst zu punktieren“

Nephrologin in einem der ersten Gespräche kurz vor Beginn der Dialyse

Nur bei der Vorstellung davon mich selbst zu verletzen habe ich damals zu weinen angefangen. Überhaupt war ich in dieser Anfangszeit nah am Wasser gebaut. Ich konnte es selbst nicht glauben, was mit mir passiert ist. Heute bin ich froh über diese Aussage der Ärztin zu diesem Zeitpunkt, denn dies hat mich dahin geführt, wo ich jetzt stehe:

Kurz davor die Dialyse nach Hause zu holen!

Von Anfang an habe ich mich für Alles interessiert und wollte so viel wie möglich verstehen und auch selbst machen. Im Laufe der Zeit habe ich durch diese Einstellung gelernt, sowohl die Dialysemaschine zu bedienen, als auch mich selbst zu punktieren. „Punktieren“ bedeutet in diesem Zusammenhang: Sich selbst die Dialysenadeln in den Gefäßzugang zu stechen. Dies war eine große Schwelle, da die Nadeln nicht wie bei z.B. einer Blutentnahme sehr dünn sind, sondern ca. 2mm dick. Es hat ein wenig gedauert, bis ich mich dazu überwinden konnte. Heute ist das Punktieren gar kein Problem mehr.

Nach und nach habe ich gemerkt, dass ich die Hilfe der Pflege gar nicht mehr benötigte und so kam auch das Thema auf, daß ich mich selbst mit Dialyse behandeln kann, in meiner eigenen Wohnung.

„Ihr Schlafzimmer wird ein medizinischer Behandlungsraum“

Dialysetechniker bei der Besichtigung meiner Wohnung

Das war vor ca. 5 Jahren. Meine damalige Ärztin fand ich sei geeignet und kam mit einem Techniker in meine Wohnung in der ich mit meiner Frau und den Kindern lebe. Wie aber die Beiden ausführten, welche Umbauten in der Wohnung nötig seien und das fortan das gemeinsame Schlafzimmer ein „medizinischer Behandlungsraum“ würde, da bin ich erstmal eingeknickt und habe die Vorstellung zuhause zu dialysieren vorerst verworfen.

Dadurch hat sich bei mir eine Zwischenphase auf dem Weg zur Heimdialyse ergeben, die nun seit ca. 3 1/2 Jahren andauert. Ich habe mir gesagt „irgendwann passt es und wenn ich weiter übe mich selbst zu behandeln, dann habe ich ganz viel Sicherheit darin“. Ich nenne das Heimdialyse im Zentrum. Dadurch habe ich z.B. die Freiheit erlangt schon vor der Anwesenheit des Arztes – die Behandlung kann am Morgen erst beginnen, wenn der Arzt anwesend ist – zu behandeln. Auch das Gefühl, unabhängig zu sein und die Dialyse mit allen Fallstricken und Fehlerfällen zu kennen, tut mir gut. Ich fühle mich sicher und weiß das ich mich selbst „threaden“ kann.

Jetzt im Herbst 2019 habe ich wieder begonnen den Heimdialyseplatz für mich zu gestalten. Ich schreibe jetzt einfach mal eine Liste auf, was ich alles erledigen muß(te), um mein Ziel zu erreichen:

  • Erlaubnis vom Vermieter einholen
  • wohnungsinterner Umzug – Tausch Schlafzimmer mit Kinderzimmer wegen der Eignung des Raumes, denn der zukünftige Dialyseraum liegt an einer Wand hinter dem Bad. Das ist perfekt, denn dort möchte ich die Osmoseanlage (erzeugt Permeat welches die Dialysemaschine benötigt) platzieren, nicht zuletzt weil auch dieses Gerät eine ganz schöne Lärmkulisse erzeugt. Zusammen mit dem Dialysegerät ist der Lärm auf die Dauer ganz schön anstrengend.
  • Schaffung der technischen Vorraussetzungen (Elektro/Abwasser-Installation), hierzu die Abstimmung mit dem Techniker
  • Gestaltung und Schaffung eines Lagers für medizinisches Material (alle zwei Monate wird das Dialysematerial geliefert – ich muß es lagern können)

Zuhause zu dialysieren ist mir so ein Anliegen weil:

  • Mit der Heimdialyse kann ich regelmäßiger dialysieren. Ich bin also weniger vergiftet. Wenn ich Sport mache, bewirkt meine körperliche Situation, dass sich Muskelabbaustoffe nicht wie im normalen Stoffwechsel des gesunden Menschen abbauen, sondern sich in meinem Blutkreislauf ansammeln. Der Behandlungsrhythmus der Zentrumsdialyse ist vorgegeben. Der Patient legt sich auf eine „Schicht“ fest. Dies ist meisst MO-MI-FR oder DI-DO-SA jeweils mindestens 4 1/2 Stunden Behandlung. Der lange Pausenintervall, der durch das Wochenende entsteht, ist nicht so einfach wegzustecken. Da muß ich warten bis zur nächsten Dialyse, fühle mich manchmal aber schon ziemlich vergiftet. Mit der Heimdialyse bin ich zeitlich unabhängig und kann ich mich somit zeitnah und z.B. jeden zweiten Tag behandeln.
  • Im Dialysezentrum: Viele Patienten, die im gleichen Raum und im gleichen Zentrum behandelt werden. Oft schlechte Luft, weil manche Patienten überhaupt nicht wollen, dass gelüftet wird. Im Sommer wird automatisch die Klimaanlage eingeschaltet, obwohl draussen eine milde und gute Luft ist. Viele Patienten sind völlig passiv und lassen die Behandlung über sich ergehen. Es kommt auch schon vor, dass jemand laut schimpft wärend der Punktion, obwohl die Ärzte und Pfleger ja nun wirklich nichts für Ihre Situation können. Manche Patienten sind so krank, das sie gar nicht mehr mit der Umwelt interagieren, teilweise todkrank. Ich empfinde dies alles, als emotional sehr belastend.
  • Zeitliche Flexibilität: Besuche bei Freunden, Familienfeste oder Feiern ganz allgemein passen sich nicht an meinen Dialyserhythmus an.
  • Die Fahrt in die Dialyse benötigt ca. 45 Minuten. Mit der Rückfahrt ergibt dies 4,5 Stunden, bei drei Behandlungen pro Woche. Das ist ein halber Tag, der einfach so verloren ist. Das ist ein halber Tag an dem ich nicht arbeiten, lieben oder lernen kann!

Klar hat die Heimhämodialyse auch Nachteile. Ich sehe jetzt schon welchen Aufwand ich betreiben muß. Wobei dies ja dann im Heimdialysealltag nochmal anders aussehen wird. Vorraussetzung für die HHD ist auf alle Fälle die Bereitschaft, sich um all diese Dinge zu kümmern. Vermutlich entspricht dies der Zeit die ich mit den Fahrten in die Dialysestation einspare.

Selfie bei der „Heimhämodialyse im Zentrum“ wie ich es nenne.

Im Moment bereite ich mich darauf vor zuhause zu dialysieren. Und bald kann ich über erste Erfahrung damit berichten. Das werde ich auch gerne tun.

2 Gedanken zu „Heimhämodialyse (HHD)“

  1. Hallo Michael,
    Ich fand es nett, dass du mir heute den Tipp mit den Karkassen gegeben hast. Werde ich probieren.
    Ich hatte ich bei Grünholzwerkstatt eher Schreinerei erwartet.
    Habe mich aber durch einige Artikel in deinem Blog gelesen.
    Fand ich interessant.
    Man begegnet sich ja nicht zufällig.
    Chronisch krank. Ja das sind in Deutschland viele.
    Jeder hat so sein Päckchen zu tragen.
    Hab da auch ein paar mitgenommen.
    Finde es toll, dass du da so offen drüber redest.
    Wie alt bist du?
    Kaffee trinke ich leider nicht. Vertrage ich nicht, wie auch Gluten, Hafer …. und doofe Menschen auch nicht, aber über ein nettes Tässchen Tee oder such ganz einfach Wasser mit einem schönen Gespräch hätte ich nichts einzuwenden.
    Da du zeitlich noch viel mehr therapeutisch gebunden bist, würde ich mal sagen, dass du was vorschlägst.
    Wahrscheinlich wohnst du/ihr irgendwo zwischen Fürstenried und Solln
    Liebe Grüsse
    Isabella

    1. Hallo Isabella, Holzprojekte dokumentiere ich unter der Kategorie Holzhandwerk. Da findest Du z.B. das Wildbienenhaus oder auch mein Rauschbankerl, Objekte die ich letztes Jahr gemacht habe. Danke für die Rückmeldung. Herzliche Grüße Michael

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